Ich bin nun schon so viele Jahre mit den Themen Psyche, psychische Erkrankungen und Störungen, Psychopharmaka, Therapie usw. usw. „unterwegs“ und sehe, dass diese auch immer mehr einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich werden – eine gute Seite der modernen Medien! Nicht selten aber kommen Erkenntnisse und Zahlen auf sensationellem Niveau daher, meiner Meinung nach wenig geeignet, um Verständnis und Toleranz zu fördern. Auch offizielle Verlautbarungen von Krankenkassen, Verbänden oder – wie im nachstehenden Link zu sehen – vom Statistischen Bundesamt werfen zunehmend die Frage auf, worin genau der Informationsgehalt der Meldung denn besteht! (https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/Zahl-der-Woche/2022/PD22_32_p002.html)
Psychischen Erkrankungen und Störungen „haftet“ ein Makel, ein Defizit an, an welchem es dem dann „Patient“ genannten Mitmenschen mangelt. So was will natürlich niemand haben! Der Ausschluß aus dem Freundes – und Bekanntenkreis, der unsichere Blick der Arbeitskol-legen und „geistreiche“ Kommentare der Familie sind da schon vorprogrammiert und kaum hilfreich. Erstellte Diagnosen klingen manchmal wie „soziale Todesurteile“ und dann stellt sich ziemlich rasch die Frage: „Gibt es da eigentlich ein Medikament dagegen?“
Ich möchte schon von Berufswegen her keinen generellen „Verriss“ von Psychopharmaka leisten, aber die Frage muss erlaubt sein, ob diese bei jedem Vorliegen des oben genannten „Makels“ oder Defizits“ angeraten sind!
Nicht genügend freie Plätze in der Psychotherapie – was dann ?
Seit Jahren ändert sich an der psychotherapeutischen Versorgung in Deutschland (und nicht nur hier!) nichts! Monatelange Wartezeiten sind üblich und wenn diese mit andauernder Arbeitsunfähigkeit des betroffenen Menschen einhergehen und die Zahlung von Krankengeld durch die Krankenkasse in Anspruch genommen wird, taucht dann sehr schnell die Frage nach einem eventuell notwendigen Besuch beim einem niedergelassenen Psychiater oder Psychiaterin auf. Meine persönlichen und beruflichen Erfahrungen sind eher er – und abschreckend. Es scheint doch immer wieder ein „Mittelchen“ zu geben, das auch bei eigentlich psycho-therapeutischen Fragestellungen zur Hand ist. Habe ich da was verpasst? Gibt es nun auch Pillen, welche die Frage nach der Sinnhaftigkeit meiner eigenen Existenz beantworten, die Hintergründe „schlechter Träume“ verdeutlichen, Verzweiflung, seelische Not, Einsamkeit und vieles andere mehr „auflösen“?
Die Entwicklung meiner Persönlichkeit ist von zentraler Bedeutung….
…aber danach wird doch zu wenig geschaut, nachgefragt, ergründet – es dauert einfach zu lange. Selbst ein Erstgespräch bei einer psychiatrischen Praxis dauert meiner Erfahrung nach kaum länger als 15 Minuten. Das soll nicht als Schelte verstanden oder gar der Berufsstand von mir in Frage gestellt werden – es sind schlicht Erfahrungen!
Aber man muss doch erzählen und vor allem auch fragen dürfen und können. Fragen sind der unvermeidliche Ausgangspunkt hin zu Veränderungen, oder nicht? Zeit heilt keine Wunden, denn dann schleppten wir alle miteinander – der eine mehr, die andere weniger – keine „Lebensrucksäcke“ mit uns herum, die zumeist ein „unerschöpflicher Quell‘“ von Freude und Leid, Liebe und Hass, Geburt und Tod und dergleichen zu sein scheinen. In der berühmten Parzifal-Dichtung von Wolfram von Eschenbach , stellt der nunmehr zum Mann gereifte Ritter die letztlich entscheidende Frage an seinen Onkel Anfortas: „Oheim, was wirret du?“ – woran leidest du?, wodurch dieser von dem leidbringenden Fluch, versinnbildlicht durch einen vergifteten Pfeil, erlöst wurde, nur allein schon durch die Frage! Sorry, so etwas vermag keine Pille der Welt!